Tobias Henrichs – Das kulinarische Interview

“Ich fände es am schönsten, wenn die Leute die Rezepte nicht nur 1:1 nachkochen, sondern so viel in dem Buch gelernt haben, dass sie es einfach selbst mal versuchen.”

Ich hatte euch bereits das Kochbuch von Tobias Henrichs School of Taste veggie vorgestellt und daraus für euch den gebratenen Salat nachgekocht. Heute möchte ich euch etwas mehr über Tobias erzählen und wie er überhaupt zu seinem Kochbuch kam. Ich meine, seid ehrlich: Träumt ihr auch manchmal davon? In die Buchhandlung zu gehen und da steht es dann? Euer eigenes Kochbuch?

Für Tobias ist dieser Traum wahr geworden. Ein Grund mehr für mich, dieses kulinarische Interview mit ihm zu führen.

 

Hey, Tobias. Ich freue mich sehr, dass wir Du heute Gast im kulinarischen Interview bist. Zuerst eine Frage zum Aufwärmen: Wenn Morgen der letzte Tag Deines Lebens wäre, und Du müsstest eine Henkersmahlzeit wählen. Was wäre das und weshalb? 

Äh, das ist ja jetzt mal wirklich keine Frage zum Aufwärmen. ((lacht)). Ich glaube, ich würde Lasagne machen. Lasagne ist für mich richtiges Soulfood – einfach nur “Lecker Essen”. Und ich würde sie selbst machen wollen. Ich finde, das Erlebnis gehört irgendwie dazu. Wenn man dann im Ofen schon sehen kann, wie der Käse oben braun wird und das so „bubbelt“. Das ist einfach gemütlich.

 

Hast Du aktuell ein Lieblingsrestaurant?

Gerade ist mein Lieblingsrestaurant das Seven Swans in Frankfurt. Ich finde es extrem spannend, was Ricky Saward mit den ganzen „Einschränkungen“ macht, also vegan, regional, saisonal usw. Da kann man einfach Sachen essen, die man sonst nirgendwo bekommt, und das finde ich inspirierend. Es gab zum Beispiel einmal ein Dessert mit Möhre, bei dem er aus jungem Möhrensaft ein Sorbet gemacht und das dann mit eingelegten Robinienblüten serviert hat. Die hatten so eine krasse blumige Note und schmeckten ähnlich wie Akazienhonig, aber noch tausend Mal intensiver.

 

Gibt es einen Food Trend, der Deiner Meinung nach völlig überbewertet ist?

Ich finde diesen Hype um Food Pairing überbewertet. Als ob das was ganz Neues ist, dass man sich Gedanken darüber macht, welche Sachen zusammenpassen. Letzten Endes war es interessant diese chemischen Analysen nachzuschlagen, die man da gemacht hatte, aber im Alltag hat das einem nichts gebracht. Wenn man nicht ganz genau weiß in welchen Inhaltsstoffen ein bestimmtes Aromamolekül enthalten ist und man das deswegen kombinieren kann, dann nützt es dir eigentlich nichts. Und der Gedanke, dass man Sachen kombiniert, die sich ergänzen oder die Kontraste sind, das hat man ja auch schon immer gemacht. Dafür gibt es dann eben nur fancy Fachbegriffe, die aber eigentlich  inhaltsleer sind.

 

Wir nähern uns den Büchern. Hast Du ein aktuelles Lieblingsbuch und was hat Dich besonders daran beeindruckt?

Ja, ich habe gerade ein Lieblingskochbuch: The British Cookbook. Es ist wirklich dick mit vielen verschiedenen Rezepte aus Großbritannien und es  hat so eine richtig nostalgische, gemütliche Bistroausstrahlung. Das ist so ein Buch, wo ich abends gerne einfach drin blättere. Ich habe einen Früchtekuchen daraus gemacht, der war richtig lecker.

 

Kommen wir endlich zu Deinem Buch. Wann hast Du beschlossen ein Kochbuch zu veröffentlichen?

Der erste Impuls kam von Herbert Wallor vom großen Guide, der meinte: Du stellst doch immer so Sachen auf Instagram rein, willst Du nicht mal ein Kochbuch machen? Er wollte erstmal eine Art Bilderbuch mit Rezepten für Freunde und Kollegen zusammenbasteln. Doch dann kam Corona und es war finanziell unsicher mit dem Restaurantführer und ich habe außerdem angefangen viel über Theorie zu lesen. Deshalb haben wir dann gesagt, dass ich mal nach einem  „richtigen“ Verlag schaue. Doch ich habe noch ein Jahr am Manuskript rumgebastelt und immer mehr und immer mehr geschrieben, weil ich nie das Gefühl hatte, jetzt ist es so, dass ich es einem Verlag auch zeigen möchte. Da habe ich auch etwas zu lange gewartet. Doch dann habe ich mir gesagt, jetzt musst du es wirklich machen, sonst wird das ja gar nichts mehr.

Dann habe ich alle möglichen Verlage angeschrieben und eigentlich nur Absagen bekommen. Nur ein Verlag hat geantwortet und sie würden sich das mal überlegen. Sie fanden das Buch eigentlich cool, waren sich aber nicht sicher, ob man so was überhaupt verkaufen kann. Doch ich habe immer wieder nachgefragt und irgendwann haben sie dann gesagt: „Wir machen es.“ Den Rezepteteil habe ich dann noch mal komplett neu gemacht, weil der vorher viel zu anspruchsvoll und ambitioniert war und mit vielen ausgefallenen und merkwürdigen Zutaten. Ich bin jedenfalls sehr dankbar, dass ich bei dem Verlag (Becker Joest Volk) gelandet bin. Ich bin da sehr zufrieden.

 

Die ganzen Rezepte hast Du kreiert, oder?

Ja. Der Theorieteil ist auch fast unverändert so geblieben und die Rezepte sind auch alle von mir. Später kam mir irgendwann noch die Idee, immer eine Basisversion zu machen und in den Tipps immer noch Möglichkeiten zu bieten, was man noch machen kann oder wie man ein Gericht auf ein anderes Level heben oder etwas komplexer machen kann.

 

Was war für die das Coolste während des Entstehungsprozesses?

Ich habe unglaublich viel darüber gelernt, wie so ein Kochbuch entsteht und wie viele Leute da beteiligt sind. Da habe ich mir vorher keine Gedanken darüber gemacht. Das es zum Beispiel Leute gibt, die hauptberuflich Rezeptelektorat machen und nur Rezepte durchschauen. Und auch wie viel Aufwand es ist, die Fotos zu machen, sodass da letztendlich nur drei Fotos am Tag entstehen. Und wenn man sieht, wie viel Arbeit drinsteckt kann man das auch noch einmal ganz anders wertschätzen.

 

Bist Du du dann jetzt lieber Autor oder wirst Du doch noch irgendwann Koch? Oder bleibst Du lieber weiterhin Lehrer, weil Du das immer noch spannender  findest?

Ich bleibe auf jeden Fall Lehrer und ich finde es einfach gerade schön, dass ich beides machen kann. Ich mag diese Vielfalt und auch die Freiheit zu kochen was ich möchte. Diese Freiheit hätte ich nicht unbedingt wenn ich jetzt ein Restaurant hätte.

 

 

Gibt es noch etwas, was Du Deinen Lesern sagen möchtest oder was Du Dir wünschst?

Also was mein Wunsch ist, dass man die Rezepte nur als Anregung versteht und dann selbst Gerichte kreiert oder die Rezepte abwandelt, meinetwegen auch komplett neu macht. Ja –  Ich fände es am schönsten, wenn die Leute die Rezepte nicht nur 1:1 nachkochen, sondern so viel in meinem Buch gelernt haben, dass sie es einfach selbst mal versuchen.

Vielen Dank, lieber Tobias. Es war mir ein Fest. Und hier noch mal der Link zu School of Taste veggie.

Deine/Eure Kiki

 

 

 

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