Laktotomaten − Das Noma − Handbuch der Fermentation

“Der Begriff Fermentation kommt vom lateinischen fernere, das “kochen” bedeutet. Als die alten Römer sahen, wie die Trauben in den Bottichen plötzlich Blasen warfen und sich in Wein verwandelten, beschrieben sie diesen Vorgang mit dem verwandtesten Wort, das ihnen dazu einfiel.”

 

Küchentrends: Muss das sein?

Normalerweise renne ich ja nicht gleich jedem Küchentrend hinterher. Weder “sous-vide” noch die Molekularküche konnten mich bisher groß locken. Mit Fermentation verhält sich das jedoch ganz anders. Seit ich meine Helga (meinen Lievito Madre) im Kühlschrank habe und mein erstes Sauerteigbrot aus dem Ofen gezogen habe, bin ich zugegebenermaßen von dem Thema ziemlich angefixt. Und was nicht ohnehin alles fermentiert ist: Wein, Käse, Schokolade, Sauerkraut, Kimchi, Miso, Wein, Essig, Sojasoße … usw. usw. Es ist einfach unglaublich, wie sich die Lebensmittel in dem Prozess verändern und welche Möglichkeiten sich dadurch ergeben.

 

Das NOMA − einfach immer eine Nasenlänge voraus

Als dann im Kunstmann Verlag Noma − Das Handbuch der Fermentation erschienen ist, war ich völlig “in love”. Das Noma ist, wie ihr sicher wisst eines DER Toprestaurants auf der Welt und befindet sich in Kopenhagen. Der Küchenchef René Redzepi hat es geschafft, gemeinsam mit seinem Team vier Mal als bestes Restaurant der Welt ausgezeichnet zu werden. Respekt! Ein Schwerpunkt und eine Besonderheit im NOMA ist … genau: das Fermentieren. Fermentieren hat in Dänemark (und auch in vielen anderen Ländern) eine lange Tradition. Lebensmittel für die kalten Monate haltbar zu machen und damit immer noch in der Lage zu sein abwechslungsreich aber mit regionalen Zutaten zu kochen wurde daher eine tragende Säule im NOMA. Es gibt sogar ein Fermentationslabor in dem David Silber und sein Team auf der Suche nach neuen fermentierten Geschmackserlebnissen sind. Und abgesehen von den ganz neuen Geschmackserlebnissen sind fermentierte Lebensmittel bekömmlicher und gesund.

 

Ist fermentieren zu Hause gefährlich?

Das Buch ist ein Nachschlagewerk in Sachen Fermentation und doch kratzt es auch nur an den Möglichkeiten, die dieser Prozess möglich macht. Es vermittelt Grundlagen und greift die gängigsten Methoden auf. Und kann man das auch zu Hause machen oder findet man mich womöglich vergiftet oder überwuchert von gefährlichen Sporen irgendwann einmal in meiner Küche? Das Fermentieren ist nicht ganz ohne, denn es müssen sich ja auch die richtigen und nützlichen Mikroorganismen bilden. Für Fortgeschrittene gibt es daher sogar eine Anleitung für ein hauseigenes Fermentationslabor. Reizt mich ja schon, aber im Moment versuche ich mich noch an den Basics. Daher stelle ich euch heute eine der am einfachsten umzusetzenden Fermentationsmethoden vor: das Fermentieren mit Milchsäurebakterien.

 

Gestatten: Lactobacillales

Milchsäurebakterien wandeln Zucker in Milchsäure um. Viele bekannte fermentierte Lebensmittel entstehen durch Milchsäurebakterien: Sauerkraut, Sauerteig, Joghurt und und Salzgurken, um nur einige zu nennen. Milchsäurebakterien sind einfach überall: auf Schalen und Blättern, in Milch und sogar auf unserer Haut. Einige sind Spezialisten im Umwandeln von Zucker in Milchsäure, andere können Proteine in Aminosäuren zerlegen und wieder andere erzeugen Moleküle wie Alkohol, Kohlendioxid oder Essigsäure. Das kann gezielt durch “Impfung” gesteuert werden. Wir vertrauen hier jedoch auf die “wilde Fermentation”. Und alles, was ihr dafür braucht, ist: Salz. Das hat allein den Zweck, dass sich keine unerwünschten Eindringlinge im Ferment niederlassen. Handschuhe sind auch nicht nötig – so fügt man dem Ferment noch seine eigene Note an Milchsäurebakterien hinzu.

Wichtig ist auch, dass das Gefäß in dem fermentiert wird, einmal heiß ausgekocht wird oder für ein paar Minuten bei 100 Grad im Ofen war. Das verhindert, dass sich verbliebene Schimmelsporen ausbreiten und das Ganze verdirbt. Um den Sauerstoff aus dem Glas zu verbannen gibt es Fermentationsgewichte aus Glas. Die zerquetschen aber auch mal gerne empfindliche Früchte. Daher finde ich den NOMA-Tipp genial, einen Frischhaltebeutel mit Wasser zu füllen und als Gewicht zu verwenden. Der passt sich flexibel an, verdrängt den Sauerstoff und zerquetscht nichts. Genial!

Wie gesagt, die Milchsäurebakterien lieben Zucker. Ihr könnt also eigentlich fast alles fermentieren. Von Obst über Rote Beete bis hin zu Essiggurken. Und der Geschmack? Milchsauer eingelegte Produkte schmecken wahnsinnig intensiv und bringen alle Lebensmittel, die damit in Berührung kommen zum Leuchten.

 

Es geht los!

Ich habe mich für die Lakto-Tomaten entschieden und muss sagen: Ich habe noch nie so einen intensiven Tomatengeschmack erlebt. It’s magic. Das Tomatenwasser eignet sich hervorragend um Fisch zu marinieren oder Gemüse einzulegen. Aber: die Tomatenpulpe als Grundlage auf Bruscetta oder zu einer Burrata  oder als Bestandteil einer Tomatensugo − ihr werdet nie mehr etwas anderes essen wollen.

Seid ihr neugierig? Es geht schon los. Im Originalrezept werden Tomaten in Viertel geschnitten. Was auch super funktioniert ist, das Ganze mit Kirschtomaten zu machen. Die müsst ihr dann vorher nur mehrfach mit einem Spieß einstechen damit das Salz auch ins Innere der Tomate gelangt.

Laktotomaten

Zutaten

  • 1 Kilogramm reife unbehandelte Tomaten
  • 20 g unjodiertes Speisesalz

Zubereitung

  • Den grünen Strunk entfernen und in Viertel oder Achtel schneiden (je nach Größe). Salz und Tomaten in einer Schüssel mischen und in ein großes ausgekochtes Einmachglas geben. Das Salz sorgfältig aus der Schüssel kratzen damit nichts verloren geht. Die Mischung mit einem Gewicht beschweren oder mit einem mit Wasser gefüllten Gefrierbeutel und das Glas verschließen. An einem warmen Ort fermentieren, bis die Tomaten reichlich Flüssigkeit abgegeben haben und ziemlich weich geworden sind. Bei 28 Grad wird das bis zu 5 Tagen dauern, bei Zimmertemperatur etwas länger. Eine Fermentation im Kühlschrank ist ebenfalls möglich, dauert aber natürlich entsprechend länger. Ab und an das Glas öffnen und täglich probieren, bis Du mit dem Geschmack zufrieden bist. Das Öffnen des Glases verhindert, dass sich zu viele Gase im Inneren ansammeln. Dann ein Sieb mit einem Passiertuch auslegen und auf eine Schüssel setzen. Tomaten vorsichtig abgießen. Der Saft und die Tomatenpulpe halten sich mehrere Tage im Kühlschrank, ohne dass sich der Geschmack noch wesentlich verändert.
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Je besser die Tomate, desto besser das Ergebnis.

Fermentation

Tomaten salzen und in einer Schüssel vermengen

Fermentation

Es geht los: Tag 1

Fermentation

Tag 2: Es entstehen Gase und beim Öffnen des Glases sprudelt das Ganze schon ziemlich stark.

Fermentation

Tag 5: fertig! Die Tomaten wirken irgendwie röterund riechen unglaublich intensiv nach Tomate. Wahnsinn!

Je nach Außentemperatur braucht das Ganze kürzer oder länger. Einfach mal reinschnuppern und probieren. Außerdem noch ein ganz wichtiger Tipp: Manchmal bilden sich weiße Ablagerungen am Ferment, die aber nicht wie Schimmel aussehen. Das ist eine Hefeart, die beim Prozess entstehen kann. Das Ferment ist weiterhin genießbar und muss nicht entsorgt werden. Solltet ihr aber irgendetwas entdecken, was nur im Entferntesten nach Schimmel aussieht: weg damit und neu anfangen!

Ansonsten ist das alles wirklich ziemlich einfach und das Ergebnis ist der Wahnsinn. Und wie das so ist, wenn man sich mit einem neuen Thema beschäftigt: plötzlich stößt man überall darauf. Vor Kurzem habe ich dann nämlich auch in diesem Internet Fairment entdeckt. Die Jungs bieten einfach alles, um unkompliziert mit dem Fermentieren anfangen zu können. Von der Ausrüstung bis zum Kombuchapilz ist da alles dabei. Und außerdem natürlich jede Menge Infos und Tipps rund ums Thema Fermentation. Da werde ich demnächst noch einiges ausprobieren.

Hab ihr euch schon ans Fermentieren gewagt? Ich bin neugierig und gespannt auf eure Erfahrungen!! Schreibt mir doch einfach. Ick freu mir.

Eure Kiki.

 

 

 

 

3 Antworten zu “Laktotomaten − Das Noma − Handbuch der Fermentation”

  1. Birgit sagt:

    He Kiki, hab gerade erst entdeckt, dass du eine wunderbaren Blog schreibt, wie cool. Das Thema fermentieren treibt mich schon seit Januar diesen Jahres um und ich hab bereits mehrere Ladungen Kimchi fermentiert (mein Mann musste das erste Glas dann mit Schutzbrille öffnen, da ich den Deckel fest zugeschraubt hatte – Anfängerfehler). Die Idee mit den Tomaten ist super, das probier ich – mit der letzten Ernte aus unserem Garten aus, vielen Dank.
    Auf alle Fälle schaue ich in Zukunft öfter bei dir vorbei.
    Liebe Grüße
    Birgit

    • Kiki sagt:

      Hello Birgit,
      freut mich, dass Dir mein Blog gefällt. Welcome! Kimchi habe ich auch noch nicht getestet, ist aber auch noch dran. Zumindest weiß ich jetzt schon, dass ich den Deckel nicht so fest zuschrauben darf. Danke!:) Die Tomaten sind wirklich megalecker und einfach zu machen. Ist wohl auch lecker mit Pflaumen oder Steinpilzen. Das muss ich auch noch ausprobieren. Fermentieren ist ja auch echt ein weites Feld.
      Dann sehen wir uns hier ja öfter! Ich freu mich!
      Alles Liebe,
      Kiki

    • Susanne Hummel sagt:

      Hallo Birgit, meine fermentierten Tomaten schmecken pritzelig, wie Champus. Ist das normal?
      Lg Suse

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